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Archive for Oktober 2015

Die Gefahr der rechten Argumentation

Religion. Der Glaube. Das Hörensagen. Darauf läuft es hinaus. Nach langer, langer Pause fühle ich mich mal wieder genötigt, etwas zu schreiben. Es geht, wie der Titel schon vermuten lässt, um die aktuelle Debatte rund um Flüchtlinge, die rechten Ströme in Deutschland und die damit verbundenen Auswirkungen. Und es geht mir gewaltig auf den Zeiger, was da gerade passiert, vor allem aber wie vom rechten Rand her argumentiert wird. Und wie das von der Politik völlig falsch angegangen wird. Naja. Und wie die Intelligenz scheinbar mit jedem Tag abnimmt.

Bei Facebook habe ich meine Kanäle mittlerweile von den vermeintlich Vertretern „deutscher Interessen“ bereinigt. Allerdings war das vielleicht ein Fehler. Immer öfter sehe ich andere Freunde, welche in ihren Kreisen dem rechten Pöbel entgegentreten. Das Resultat? Keine Ahnung, ob sich jemand so ohne Weiteres bekehren lässt und einsieht, wie dümmlich seine Argumente und „Ängste“ sind. Aber: Ich bekomme auch im digitalen Raum mit, dass der braune Mob munter vor sich hin postet und merkwürdige Thesen und Artikel verbreitet. Und immer häufiger stellt man fest: Irgendwie stimmt das doch hinten und vorne nicht.

Es ist schon seltsam, da werden Artikel geteilt, welche von vermeintlichen Vergewaltigungen durch Flüchtlinge oder Ausländer berichten. Artikel, die davon berichten, wie Kinder verprüget werden und vieles mehr. Wenn man dann die Artikel liest und im äußersten Fall auch mal nachforscht (wobei meistens schon aus den Artikeln hervorgeht, dass es nicht stimmt), wird man feststellen, dass nichts an den Sachen dran ist. Es sind nur die Überschriften, die geteilt werden. Teilweise haben die Artikel sogar ganz andere Überschriften (bei Facebook kann man sowas ja editieren). Im Endeffekt funktionieren sie also so lange, wie sie munter geteilt werden und die Leute sich schön kleingeistlich über die Überschriften aufregen und dann ihren Hass als Kommentar druntersetzen. Vom Vergasen ist da oft die Rede, von Platz in Öfen für Flüchtlinge, von Erschießen und anderen grausigen Dingen.

Dazu passen auch die Fernsehberichte, wo hin und wieder die geistigen Armleuchter der rechten Szene in Interviews grandiose Worte der Marke „Ja ich hab gehört, dass die vergwaltigen und so“ von sich geben. So stupide wie es klingt, so gefährlich ist es auch. Denn aus solchen Sätzen hat sich, so möchte man fast meinen, eine Art von rechter Religion gebildet. Denn genau darum geht es bei Religion: Glauben. Gehört zu haben. Hörensagen. Verbreiten. „Ich habe gehört“ ist nichts außer dem Einen: Ein Totschlagargument. Es verweigert jeden Ansatz zur Diskussion. Denn wer etwas gehört hat, dem etwas erzählt wurde, der glaubt. Und Glaube lässt sich nicht rational erklären, geschweigedenn widerlegen. Diese Art der Argumentation ist brandgefährlich, denn ihr lässt sich nicht beikommen. Wie auch? Legt man die, das Gegenteil beweisenden, Fakten auf den Tisch, so wird Lügenpresse oder Volksverräter geschrien. Und die Diskussion ist beendet, bevor sie eigentlich stattfand.

Das führt bisweilen sogar zu ziemlich kruden Auswüchsen. Vor einigen Tagen gab es dann tatsächlich mal einen seriösen Bericht über einen Übergriff durch einen Ausländer in einer Lokalzeitung. Und was findet sich in den Kommentaren? Das rechte Gedankengut, was von sich gibt, dass die Lügenpresse mal wieder über nichts berichtet, dass das ja klar sei, dass es dieser Vorfall nicht in die Medien schaffe und so weiter und so fort. Ohne zu realisieren, dass er es in die Medien geschafft hatte. Die Ironie dieser Szenerie könnte so urkomisch sein, wäre sie nicht so unfassbar traurig.

Das Problem: Das Hörensagen hat Methode. Pegida und Konsorten hören und sagen fleißig mit. Die Rechten sind im Netz aktiv, sharen und liken munter vor sich hin. Natürlich können viele die Lügen schnell entlarven. Aber es genügt ja, wenn auch nur eine weitere Person darauf reinfällt und – genau – weiterteilt und liked. Das System hat System. Und wie gesagt: Durch den Glauben, dass da was „dran sein muss“, lässt sichauch kaum dagegensteuern. Denn zuhören will der, der die falschen Fakten für die Wahrheit hält schon lange nicht mehr.

Das kommt mir irgendwie bekannt vor. Blickt man in die Vergangenheit der Menschheitsgeschichte, so findet man solche Sachen immer wieder. Seien es nun Zigeuner, die Kinder klauen („Habe ich gehört“, „Nehmt euch vor denen in Acht“), Juden, welche das Geld nur so bunkern, Polen, die alles klauen und Russen, die eh nur den ganzen Tag lang Vodka saufen. Man nennt es auch klischeebehaftete Vorurteile. Und diese führen, über kurz oder lang, zu offener Feindschaft oder Schlimmeren. Wie haben es die Nazis wohl damals geschafft, die Herrschaft an sich zu reißen? Genau, über solche Propaganda. Und nichts Anderes ist es. Hetze und Propaganda. Und dazu noch nicht einmal besonders Gute.

Und die Politik? Die unterstützt dieses System auch noch. Teils ganz bewusst (Hallo AfD (oder Neu-NPD, wie ich euch gedanklich schon nenne). Und überhaupt: Liebe Grüße an die CSU, ihr seid euch auch für keine Stimme zu schade, gell?) und teils unbewusst (so ziemlich jede andere Partei). Wenn über Transitzonen nachgedacht wird, über das Schließen der Grenzen, über Steuererhöhungen wegen Flüchtlingen (Hallo? Hackt’s euch? Die Kosten für die jetztige Krise, die wir übrigens mit unserer Konsumgesellschaft in Europa mitzuverantworten haben, sind, mit dem Gesamthaushalt verglichen, geradezu lächerlich. Das Einzige, was hier in Gefahr ist, ist Schäubles, mit Rechentricks herbeigeführte, schwarze Null) und sonstigem Dünpfiff. Ganz ehrlich: Das Hilft nicht. Kümmert euch um eine vernünftige Willkommenskultur, sorgt für sozialen Wohnungsbau (Hättet ihr vor 10 Jahren schon tun können, gell, nur war’s da erstmal egal, weil Probleme schiebt man gerne mal nach hinten auf, obwohl man sie schon da hat kommen sehen…) und, und, und. Und wirkt nicht so hilflos überfordert. Kümmert euch um Integration – und vielleicht zeigt das, wenn wir Glück haben, auch dem verwirrten rechten Pack (Wenigstens hat der Sigmar einmal in seinem Leben einen vernünftigen Satz rausgebracht), dass wir das tatsächlich schaffen und es uns auf Dauer eigentlich auch nur Vorteile bringt.

Und selbst wenn die es nicht verstehen. Mit etwas Glück kommt mit all den Flüchtlingen mal etwas Abwechslung in den Genpool und diese verblödeten Inzestgstalten gehören über kurz oder lang der Vergangenheit an.

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